Gedenken an die Zeit des Holocaust

Zehntklässler des Gymnasiums Birkenfeld kommen mit virtueller Zeitzeugin ins Gespräch.

Der 29. Januar sah für die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums Birkenfeld keinen üblichen Schulalltag vor. Die Geschichtslehrer Hans-Georg Heck und Michael Reiff hatten gemeinsam mit der Deutschen Nationalbibliothek aus Frankfurt einen besonderen Projekttag vorbereitet.

Der Schwerpunkt des Projekttages lag bei der Befragung von Inge Auerbacher, einer Zeitzeugin des Holocaust. Diese Befragung fand jedoch nicht „Face to Face“ statt. Das Projekt der Deutschen Nationalbibliothek „Aus der Vergangenheit lernen für die Gegenwart“ bringt in Zeiten, in denen immer weniger Zeitzeugen zur Befragung in die Schulen kommen können, diese Zeitzeugen mit Hilfe von vorher aufgezeichneten Interviews und Künstlicher Intelligenz in die Klassenräume. So auch an diesem Tag am Gymnasium Birkenfeld.

Die Zehntklässler erarbeiteten sich mit Hilfe eines einführenden Films, Dokumenten und Fotografien aus dem Leben von Inge Auerbacher einen Überblick über ihre Biographie: Inge Auerbacher, 1934 in Kippenheim (Baden) geboren, wurde 1942 mit ihren Eltern in das Konzentrationslager Theresienstadt verschleppt. Bis zum 8. Mai 1945, als die Rote Armee das Lager befreite, musste sie mit ihren Eltern unter unmenschlichen Bedingungen ihre Zeit an diesem Ort verbringen, immer von der Angst begleitet, in ein Vernichtungslager im Osten weiter deportiert zu werden. Nach einem kurzen Aufenthalt in einem Lager in Stuttgart kehrte die Familie Auerbacher zunächst in die badische Heimat zurück, fühlte sich in der deutschen Nachkriegsgesellschaft jedoch nicht mehr heimisch. Im Mai 1946 emigrierte die Familie in die USA, wo Inge Chemie studierte und als Chemikerin arbeitete.

Mit Hilfe der Informationen, die sich die Schülerinnen und Schüler erarbeiteten, sollten Fragen entwickelt werden, die im Anschluss der Zeitzeugin Inge Auerbacher gestellt werden sollten. Frau Dr. Schwertfeger von der Deutschen Nationalbibliothek erklärte den Zehntklässler dann das weitere Vorgehen. Inge Auerbacher, die mit Hilfe eines Projektors an eine weiße Wand projiziert wurde, antwortet mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz auf die Fragen, die die Fragenden in ein Mikrofon sprechen. Die Technik ordnet anhand von Schlüsselwörtern in den Fragen die richtige Antwort durch die Zeitzeugin zu. So entsteht der Eindruck eines Gespräches, das man mit einer im Raum anwesenden Person führt.

Umrahmt wurde dieses Zeitzeugenprojekt noch durch eine Lesung unter Leitung von Michael Reiff. Schülerinnen und Schüler der Stufe 10 lasen den in der Bibliothek der Schule versammelten Schülerinnen und Schülern Tatsachenberichte einer Überlebenden des Massakers von Babi Jar vor. Anschließend daran besichtigten die Schülerinnen und Schüler eine Ausstellung der AG Stolpersteine zu den Biografien der Personen, zu deren Gedenken bereits in Birkenfeld und Hoppstädten-Weiersbach Stolpersteine verlegt wurden. Außerdem erfuhren sie an dieser Stelle durch Hans-Georg Heck, dass die AG Stolpersteine die Absicht hat, dem Gymnasium Birkenfeld einen Namen zu geben, der einen Zusammenhang mit einer dieser Biographien hat.  Abgerundet wurde der Projekttag mit einem Perspektivwechsel. Die ZDF-Dokumentation „Ganz normale Männer“ beleuchtet die Seite der Täter und handelt von den deutschen Männern der Einsatzkommandos und Polizeibataillone, die die jüdische Bevölkerung bei systematischen Massenerschießungen ermordeten.

Vor den tagespolitischen Entwicklungen der letzten Wochen und Monate stellt dieses Projekt einen wichtigen Baustein im Rahmen der Demokratieerziehung am Gymnasium Birkenfeld dar, das im kommenden Jahr wiederholt werden soll.

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